Ælred oder Ailred
ist einer Tagesheiligen im Januar. Ich habe ihn vor fast vier Jahren
gemalt, mit Kaffee und Rotwein. Ich liebe es, so zu malen und auch ein
wenig den Mittelalterstil zu kopieren.
Ælred
ist übrigens Altenglisch und eine Abwandlung des Namens Æðelred -
beides bedeutet edler, nobler, vornehmer oder auch adliger Berater.
Ælred of Rievaulx war ein Angelsachse und wurde im Jahr 1110 als Sohn eines verheirateten Priesters in
Hexham, Northumbria,
geboren.
Damals war so etwas immer mal wieder noch möglich. Der
von Papst Benedikt VIII auf der Synode von Pavia zusammen mit Kaiser
Heinrich II angeordnete Zölibat hatte sich noch nicht durchgesetzt.
Vielleicht
hat er daher auch seine wohltuende Einstellung. Übrigens ging es beim
Zölibat nur vordergründig oder als schlechte Entschuldigung um
Keuschheit und kultische Reinheit. Eigentlich ging es darum, dass der
Besitz der verheirateten Priester an deren Kinder ging und nicht an die
römische Kirche. Verkündet wurde der Beschluss nicht allerorten
groß...den Bischof von Passau hätte man fast gelyncht, als er es tat.

Wie
auch immer, ganz verbindlich wurde der Zölibat erst mit dem Zweiten
Laterankonzil 1139 - erstaunlicherweise hatten auch etliche Stimmen aus
dem Volk danach gerufen - wohl um
Nepotismus Vetternwirtschaft etwas einzuschränken. Aber zurück zu Ælred.
Bekannt ist er auch
als
Ailred oder
Ethelred.
Als Ælred etwa 20 Jahre alt war, also um das Jahr 1130 herum, schickte sein Vater ihn an den Hof König
Davids I. von Schottland,
wo eine enge Freundschaft zwischen ihm und dem König erwuchs, die ihm
mit Sicherheit nicht wenige Neider einbrachte. David machte ihn sogar zu
seinem Seneschall – trotzdem verließ Ælred seinen Hof schon 1133
wieder, um der Zisterzienserabtei
Rievaulx Abbey in Yorkshire beizutreten. (Dank Henry VIII. stehen von der wunderschönen Abtei heute nur noch die Ruinen….)
Der
Eintritt ins Kloster hinderte ihn jedoch nicht daran, weiterhin
Beziehungen zu haben, so ist es auch unter anderem bei seinem Biographen
John Boswell zu lesen. Der
Schnuffi war übrigens höchstwahrscheinlich homosexuell – auch seine
Schriften lassen dies mehr als durchschimmern. In seinem Werk
De Spirituali Amicitia
(Von der spirituellen Liebe) schildert er ganz selbstverständlich, wie
er sich schon als Schuljunge in Mitschüler verliebte. (Ich für meinen
Teil finde das gerade für jemanden, der heilig gesprochen wurde sehr
sympathisch.)
Im Jahr 1142, gerade mal Anfang 30, wurde er Abt eines neuen Hauses seines Ordens in
Revesby, Lincolnshire
und fünf Jahre später Abt von Rievaulx, wo er auch den Rest seines
Lebens verbringen sollte. (Sein Vorgänger dort war Bernard von
Clairvauxs Sekretär William gewesen.) Unter seiner Verwaltung
vergrößerte sich die
Abtei auf ca. 600 Mönche und Ælred machte auch jedes Jahr Besuche in
anderen Zisterzienserklöstern Englands und Schottlands. Er schien
ohnehin recht reisefreudig zu sein und besuchte auch
Citeaux und
Clairvaux, sozusagen die Wiegen der Zisterzienserklöster.
Ælred schrieb zahlreiche einflussreiche Bücher über Spiritualität wie
Speculum Caritatis (Spiegel der Barmherzigkeit, dies auf Anfrage
Bernards von Clairvaux) und das bereits zuvor erwähnte
De Spirituali Amiticia (welches er auf meinem Bild auch in der Hand hält).
Außerdem verfasste er sieben geschichtliche Arbeiten von denen zwei an die Adresse
Henrys II. von England (der auf diesem Blog bereits mehrfach erwähnte
Henry II. Plantagenet – Vater von
Richard I. The Lionheart und
John I. Lackland)
mit vielerlei Ratschlägen, wie er ein guter König werde/sei. Ælred
wurde auch nicht müde, Henry in seinen Werken als den wahren Nachfolger
der Angelsächsischen Könige zu erklären.
So war er bis ins 20.
Jahrhundert auch viel eher als Historiker denn als spiritueller Autor
bekannt – jahrhundertelang war sein berühmtestes Werk sein
“Life of Saint Edward, King and Confessor.”
Bei der Überführung der Gebeine Saint Edwards nach
Westminster Abbey im Jahr 1163 war Ælred zusammen mit Henry II und
Thomas Becket anwesend und hat, soviel ich weiß, auch eine Rede/ein
Gebet dazu gehalten.
Der Benediktinermönch und Historiker
David Knowles
nannte Ælred wegen seiner Erfolge in Verwaltung und als Autor den St.
Bernard des Nordens. Knowles scheint ein Fan Ælreds gewesen zu sein…er
nannte ihn auch eine ausgesprochen attraktive Persönlichkeit und
betonte, dass kein anderer Mönch des 12. Jahrhunderts so im Gedächtnis
verblieb.
Ælred war wohl einer der einflussreichsten
Männer seiner Zeit. Er beriet andere Äbte und Bischöfe und stand in
freundschaftlicher Korrespondenz mit Königen und dem Papst. Zeitlebens
blieb er ein enger Freund
Davids I. von Schottland und einer der Berater
Henrys II. von England.
Er war höchst integer, besaß einen gesunden und auch durchaus
weltlichen Menschenverstand, war geistreich und redegewandt, angenehme
Gesellschaft, großzügig und umsichtig. So liest man auch in auch
Jocelin of Furness’ (einer seiner Zeitgenossen und ein Mitmönch)
Life of St. Waldef. Dass er ihn im gleichen Werk auch zärtlich und geduldig nennt, spricht für das gute Verhältnis der beiden.

Auch
Jocelin betont, dass Ælred sehr verständnisvoll war, wenn es um die
menschlichen Schwächen ging, sowohl die fleischlichen als auch die
moralischen.
Überhaupt richtete Ælred sein Augenmerk
viel mehr auf die Menschen als auf irgendeine Vergeistigung und die
Liebe zwischen zwei Menschen war für ihn etwas absolut wunderbares, das
niemals zu verurteilen war. Vollkommen egal, ob sie zwischen hetero-
oder homosexuellen Paaren entstand.
In der Liebe zu einem anderen
Menschen sah er den Abglanz der Liebe Gottes und darin auch ein
Näherkommen zu Gott. Er nahm anscheinend auch kein Blatt vor den Mund,
wenn es im ihn selbst ging. So ist bekannt, dass er sich in seinem Leben
in zwei seiner Mitmönche verliebte. Einen davon beschrieb er als
Zuflucht seiner Seele, den süßen Trost seiner Betrübnisse dessen Herz
ihn empfing als er müde von der Arbeit war und dessen Ratschlag ihn
erfrischte, wenn er in Trauer zu versinken drohte. „I deemed my heart in
a fashion his, and his mine…We had but one mind and one soul…”
Er
schrieb, es sei ein großer Trost im Leben, jemanden zu haben mit dem
man in der innigsten Umarmung der heiligsten Liebe vereint sein kann,
mit dem man ausruhen kann in friedlichem Schlafe, fern vom Lärm der
Welt, im Kuss der Einigkeit und mit der Süße des Heiligen Geistes, die
über beiden schwebt.
Ich finde, das zeigt ein sehr
tiefes und inniges Gefühlsleben, das er stets in wunderschöne Worte zu
kleiden wusste. Über seinen geliebten Simon schrieb er nach dessen Tod
"The only one who would not be astonished to see Aelred living without
Simon would be someone who did not know how pleasant it was for us to
spend our life on earth together; how great a joy it would have been for
us to journey to heaven in each other's company...Weep then, not
because Simon has been taken up to heaven, but because Aelred has been
left on earth, alone.” (Simon war eben jener Mönch, mit dem er sich nach
eigenen Worten einen Verstand und eine Seele teilte. Genau das wurde
übrigens auch über
Thomas Becket und
Henry II. gesagt.)
Simon
war, so schrieb Ailred, für ihn der Mensch, in dessen Seele sein Geist
zur Ruhe kam, dem er seine ganze Seele ausschütten konnte. Jemand,
dessen Küsse all seine rastlosen Sorgen vertrieben und der Mann, mit dem
er weinen konnte, wenn ihn Sorgen plagten und mit dem er glücklich sein
konnte, wenn das Leben gut lief. Jemand, der mit ihm nach den Antworten
auf seine Probleme suchte und der ihn tief hinab in sein eigenes Herz
führte – der Mann, an dem er sich festhielt und mit dem er in jeder
Hinsicht eins wurde.
Nicht nur diese schönen Worte haben die Zeit überdauert, sondern auch mehr als 200 Predigten, seine Bücher (
De Spirituali Amiticia enthält übrigens einen Nachruf auf Simon) und vor allem das “
Life of St. Edward“ ist als über 800 Jahre altes illuminiertes Manuskript immer noch in der Cambridge University Library zu bewundern.
Ælred starb am 12. Januar 1167 56jährig in Rievaulx, wahrscheinlich an
Nierenversagen. Vorher schon hatte ihm das raue Klima zugesetzt und er
litt immer wieder an Bronchitis. Wie beliebt er gewesen war, zeigt sich
auch in seinem Nachruf, den der Zisterzienserabt Gilbert von Hoyland für
ihn hielt (sermo 40 in Canticum Salomonis).